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Vor allem Frauen und Jüngere wollen es. Sie möchten nicht ihr halbes Leben im Büro verbringen. Dabei suchen die allermeisten von uns eine wahrhaft interessante Aufgabe mit Verantwortung. Diese gibt es aber oft nur in Kombination mit Vollzeit (und ein bisschen was obendrauf). Doch was ist, wenn ich nun aber nicht so viel Zeit für die Erwerbsarbeit aufwenden will – oder kann? Job-Sharing ist die Lösungsidee. Und damit meine ich nicht eine in zwei Aufgabenpakete aufgeteilte Vollzeitstelle.
Diese Idee steckt dahinter: Zwei (möglichst kompetente) Personen, ein (möglichst interessanter) Job. Zwei Persönlichkeiten im Team können im wahrsten Sinne mehr als eine, oft sogar mehr als zwei einzelne. Dort, wo Zeit gegen Geld getauscht wird, also in den allermeisten Arbeitsverhältnissen, geht es auf, dass eine Win-Win-Win-Situation entstehen kann, wenn zwei Persönlichkeiten eine Stelle teilen. Kluge Unternehmen wissen das. Denn nicht nur die Kompetenzen sind breiter aufgestellt und Abwesenheitszeiten werden reduziert; die Entscheidungen sind nicht selten hochwertiger und nachhaltiger.
Top-Sharing, mitunter auch mit dem Schlagwort Co-Leadership bezeichnet, also wenn zwei Menschen, eine Führungsposition teilen, ist dasselbe, nur noch etwas komplexer. Sehr attraktiv, um gute Leute (auch hier sehr gerne Menschen, die Vorbehalte gegenüber dem männlich konnotierten Anwesenheitsverständnis haben) in Führung zu bringen und zu halten.
So kann es gelingen:
Das ICH
Die wichtigste Voraussetzung ist die Kompetenz, delegieren zu können. Das heisst in erster Linie: Abschied vom Perfektionismus. Wenn ich selbst alles am besten kann, bin ich kein Job-Sharer. Das muss klar sein. Loslassen und Vertrauen schenken – und das jeden Tag.
Das DU
Mein Doppel ist (mindestens) so gut wie ich. Wir teilen ein Ziel: Diesen Job richtig gut zu machen. Konkurrenz, Neid, Eifersüchteleien sind die Killer für Jobsharing. Aber auch Intransparenz und Sich-Verstecken sind Gift. Nicht weniger als totale Offenheit gepaart mit gefühlvoller Ehrlichkeit sind angebracht. Fast so, als wärest Du – natürlich nur im Arbeitskontext – ein Teil von mir.
Das WIR
Der Erfolg und das Misslingen gehört immer uns beiden. Was auch immer der eine entscheidet, tut oder sagt, die andere muss zunächst dazu stehen, auch wenn‘s erstmal schwer fällt. Das bedeutet: niemals der*die Andere*n das Gesicht verlieren lassen. Kritik (offenherzig und frei) gehört unter vier Augen besprochen, die Angelegenheit gemeinsam analysiert. Dann wird klar werden, wie man die Situation im Zusammenspiel meistern wird. Eine regelmäßige Supervision – am besten mit einem versiertem externen Blick – ist Gold wert.
Das KLEINE
Wirklich wirksam und effizient lässt sich nur im Job-Sharing zusammenarbeiten, wenn nicht beide alles im Detail im operativen Geschäft parat haben müssen. Alles Dringliche muss von einer Person allein entschieden und umgesetzt werden können. Das muss zu 100% Ok sein. Tiefergehende Fachlichkeit lässt sich gut aufteilen. Je nach Situation kann das Doppel weit mehr Expertise aufbauen als eine*r allein bzw. die Zeiten im Griff behalten.
Das GROSSE
Eine klare Regel lässt den roten Faden erkennen und viel Ärger vermeiden: Strategisch und/oder Wichtig = nur zusammen. Die Zeit muss sein. Wie auch bei einzelnen Stelleninhaber*innen muss man sich hinsetzen, reflektieren, abwägen und den Weg, der zu gehen ist, abstecken. Da zwei Köpfe beteiligt sind, gelingt das oft besonders gut und der Weg selbst scheint nur halb so steinig.
Das DRUMHERUM
Grundsätzlich muss es keine 50:50-Aufteilung sein, doch es macht Einiges leichter. Natürlich muss bei gleichem Einsatz auch die Entlohnung die gleiche Basis haben. Wenn eine von Vorgesetzten, Mitarbeitenden oder Kolleg*innen positiv oder negativ hervorgehoben wird, ist das nicht gut für‘s Tandem. Wie bei anderen echten Teams gehören Misserfolg und hervorragende Ergebnisse beiden zugleich. Es ist vielleicht anstrengend, muss aber bei jeder Gelegenheit klargestellt werden.
Es zeigt sich, dass Mitarbeitende, Kolleg*innen und ganz besonders die Vorgesetzten des Doppels das Modell mitdenken müssen und daher eine geistige und mentale Flexibilität mitbringen sollten, die leider nicht an jeder Ecke zu haben ist. Dort wo nur in klassischen, eindimensionalen Über- und Unterstellungsverhältnissen gedacht wird, sollte man es sich dreimal überlegen, ob der ganze Energieeinsatz, der für den Erfolg des Jobsharings von den Beteiligten eingesetzt werden muss, lohnend ist.
Wenn das Drumherum stimmt, dann profitieren Unternehmen wie Job-Sharer. Mein Tipp für Letztere: sich die*den perfekte*n Partner*in suchen, als Doppel bewerben und die gemeinsamen Vorzüge ans Licht bringen.
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