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Typischer Samstag Vormittag: Frische Brötchen, dampfender Kaffee und die Wochenend-Ausgabe der Zeitung. Der ein oder andere Aufreger ist beim Lesen dann immer inklusive. Dieses Mal berichtet das Lokal-Blatt vom Umbau der Stadtverwaltung und einem längst fälligem Stellenzuwachs zur Bewältigung der großen Zukunftsaufgaben wie Klimaneutralität, soziale Gerechtigkeit und Verkehrswende. Zugejubelt wird der neuen Oberbürgermeisterin (weil weiblich, grün, schlau und jünger als 50?) von dieser Zeitung grundsätzlich eher selten. Doch hier steht die Frau kurz vor der Torheit, außertarifliche Bezahlung für koordinierende Verwaltungspositionen auszuschreiben. Dafür zollt der Kommentator ihr Applaus und er bezeichnet dies als eine gute Investition. Offenbar befürchtet die Oberbürgermeisterin, keine großartigen Menschen ohne den Extra-Finanz-Zuschlag zu gewinnen. Der Schuss wird nach hinten losgehen.
Warum nur scheint es der einzige Reflex zu sein, mehr Gehalt ins Spiel zu bringen, wenn man gute Leute für wichtige Positionen finden will?
Längst wissen wir doch, dass Sinnhaftigkeit im Einsatz für das Gemeinwohl, moderne Arbeitsformen, Autonomie und noch 100 weitere Aspekte für kluge Köpfe mit Anpackmentalität wichtiger sind, als ein paar Euro mehr. Alles Punkte, die auch Städte und Gemeinden zu anziehenden Arbeitgeberinnen machen kann. Ein Gehalt, von dem man angemessen leben kann und das der Aufgabe und Verantwortung entspricht, ist selbstredend. Auch das kann der öffentliche Dienst bieten. So halten gut ausgebildete junge Menschen den öffentlichen Dienst bereits heute für eine attraktive Branche, auch wegen der Jobsicherheit und den flexiblen Arbeitszeiten.
Dabei sollte eine außertarifliche Bezahlung im öffentlichen Dienst ein No-Go sein und nicht noch von Journalist*innen unreflektiert beklatscht werden. Außer-Tarif-Bezahlung ist hier absurd, ganz und gar kontraproduktiv, und letztlich ein Schritt in die völlig falsche Richtung, weil in guter Zusammenarbeit große Leistungen erbracht werden müssen.
Absurd
Denn die öffentlichen Arbeitgeber sind doch diejenigen, die den Tarifvertrag mit den Gewerkschaften selbst ausgearbeitet haben. Sie tragen Verantwortung für die Eingruppierungsstruktur und die Gehaltshöhen. Warum dient der Tarif denn der Stadt nicht, um ihre eigenen Mitarbeitenden zu bezahlen? So soll die Tariftabelle, die Vollzeitgehälter bis zu knapp 8000,- € brutto im Monat plus etwaige Zulagen ausweist, nicht ausreichen, um ein attraktives Gehalt für kluge Köpfe mit Anpackmentalität darzustellen? Hallo?
Kontraproduktiv
Möchte die Kommune denn auf diese Weise besonders geld- und statusorientierte Menschen anlocken? Menschen, die ihren Arbeitswert selbst über den Tarifgehältern der Kolleg*innen ansetzen würden? Möglichst verhandlungsstark bezüglich ihrer eigenen Interessen sind? Ob diejenigen, die besten für die Bearbeitung der Arbeits-Schwerpunkte der Stadt sind (zu denen unter anderem „Soziale Gerechtigkeit“ zählt!) wage ich zu bezweifeln. Ich wette, dass andere Eigenschaften und Kompetenzen stärker ausgeprägt sein sollten. Wie wäre es mit Offenheit für Neues, emotionaler Kompetenz, intrinsische Motivation? Passt das zur finanziellen Anreizsetzung?
Völlig falsche Richtung
Das schlimmste an außertariflicher Bezahlung ist jedoch, dass sie das Potential hat, den Gemeinschaftsinn in der Belegschaft zu trüben. Die Höhe der Vergütung der neuen Kolleg*innen mit AT-Vertrag (Außertariflicher Bezahlung) wird für die anderen in der Regel unklar bleiben. Tabus sind alles andere als förderlich in der Arbeitswelt. Transparenz über Vergütungen, Nachvollziehbarkeit und gemeinschaftliche Gestaltungsmöglichkeit z.B. über die Tarifpartner sind alle definitiv von Vorteil für eine produktive Zusammenarbeit.
Zur Bewältigung der großen Aufgaben im Öffentlichen Dienst sollten die Verantwortlichen auf das ganze Team guter, fairbezahlter Leute setzen und nicht auf Einzelne, die „a bisserl mehr“ haben wollen. Wahrscheinlich auch für Zeitungen kein schlechter Tipp.
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